Presseartikel zur erhöhten Hundesteuer trotz Negativzeugnis

KITZINGEN

03.12.2021  Kein Verständnis

Deutlich höhere Hundesteuer für Kampfhunde – Warum sich ein Kitzinger ärgert

Besitzer von Kampfhunden wie Rottweiler und Pitbull müssen in Kitzingen künftig deutlich mehr bezahlen. Auch, wenn ein Gutachten die angebliche Gefährlichkeit des Tieres widerlegt.

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Jürgen Fuhrmann aus Kitzingen ist Hundesachverständiger und führt immer wieder Wesenstests bei Hunden der sogenannten Kategorie 2 durch. Darunter fallen unter anderem Bullmastiffs wie Molly und Zeus. Foto: Foto: Claudia Fuhrmann

Deutlich erhöhte Hundesteuer für Kampfhunde

Jürgen Fuhrmann führt als Hundesachverständiger Wesenstests bei Kampfhunden durch

Fuhrmann hat kein Verständnis: Trotz Unbedenklichkeit der Hunde fallen 400 Euro an

Jürgen Fuhrmann wundert sich. Und das nicht erst seit ein paar Wochen. Kitzingen ist schließlich nicht die erste Stadt, die eine erhöhte Hundesteuer für sogenannte Kampfhunde erlässt. Aber es ist nun mal die Stadt, in der der öffentlich bestellte und beeidete Sachverständige für das Hundewesen lebt. Was ist passiert? Im September hat der Stadtrat einer Erhöhung der Hundesteuer zugestimmt. Während die Beiträge für die allermeisten Rassen moderat stiegen, müssen Besitzer von sogenannten Kampfhunden deutlich tiefer in die Tasche greifen. Von 307 Euro stieg der Betrag auf 400 Euro. Jürgen Fuhrmann kann die Logik dahinter nicht verstehen.

Kampfhunde werden in zwei Kategorien eingeteilt

Der 60-Jährige ist vor kurzem in Pension gegangen. Vorher war er zehn Jahre als Ausbildungsleiter der Hundestaffel in Nürnberg tätig. Mit seiner Frau Claudia züchtet er Hunde und hat den Verein Kind und Hund e.V. ins Leben gerufen. Etwa 30 000 Kindergarten- und Schulkinder sind von den rund 30 Vereinsmitgliedern im Lauf der letzten Jahrzehnte im sicheren Umgang mit Hunden geschult worden. Seit beinahe 25 Jahren ist Fuhrmann als öffentlich bestellter Hundesachverständiger in ganz Bayern unterwegs, um Wesenstests bei Hunden durchzuführen. Kurzum: Jürgen Fuhrmann kennt sich bestens mit Hunden und den jeweiligen Verordnungen aus. Was ihm nicht in den Sinn will: Warum manche Hunde steuerrechtlich anders behandelt werden als sicherheitsrechtlich.

Kampfhunde – ein Begriff, den Fuhrmann wegen der Stigmatisierung nicht gerne verwendet und deshalb lieber von Listenhunden spricht – werden in zwei Kategorien unterteilt. Kategorie 1 umfasst insgesamt fünf Rassen, darunter den Pitbull sowie den Staffordshire-Bullterrier. Für die Haltung dieser Tiere braucht es eine Genehmigung der Gemeinde. „Und die gibt es in aller Regel nicht“, sagt Fuhrmann. „Weil sie ein berechtigtes Interesse voraussetzt.“ Wer in Bayern einen Listenhund der Kategorie 1 hält, der tut das nach seinen Worten in 99 Prozent der Fälle illegal.

Negativ–Zeugnis: Hund stellt keine Gefahr dar

Anders sieht das bei den Rassen der Kategorie 2 aus. Eine gesteigerte Gefährlichkeit wird diesen insgesamt 14 Rassen unterstellt, die bekanntesten sind die Rottweiler. Auch Bullterrier oder American Bulldog fallen darunter. Für die Haltung dieser Tiere ist ein Gutachten nötig, ein sogenanntes Negativ-Zeugnis muss ausgestellt werden. Hier kommen Sachverständige wie Jürgen Fuhrmann ins Spiel.

Zwei bis drei Stunden unterzieht er das betreffende Tier einem Wesenstest und schaut gleichzeitig, ob auch der Besitzer geeignet ist, einen solchen Listenhund zu halten. Fuhrmann überprüft, wie sich der Hund in seinem eigenen Territorium verhält. Im Freien werden verschiedene Szenen nachgestellt, um zu ermitteln, wie sich das Tier beispielsweise gegenüber Joggern, Radfahrern oder behinderten Personen gibt. Außerdem geht der Prüfer in der Flur spazieren, um zu sehen, ob der Hund auch ohne Leine reagiert, wenn er gerufen wird, und fährt mit Tier und Herrchen auf einen Supermarkt- oder Baumarkt-Parkplatz, um zu überprüfen, ob das Tier „geordnet führbar“ ist. „Auflagen gibt es immer wieder“, sagt er. In seltenen Fällen kommt der Gutachter zu dem Schluss, dass der Hund als gesteigert aggressiv und gefährlich anzusehen ist und weiter als sogenannter „Kampfhund“gilt.

Wie auch immer: Das Ergebnis des Gutachtens wird an das zuständige Ordnungsamt weitergeleitet, das für die Umsetzung der Auflagen verantwortlich ist. Ist die unterstellte Aggressivität und Gefährlichkeit des Tieres widerlegt, stellt das Ordnungsamt ein so genanntes Negativzeugnis aus. „Der Hund ist sicherheitsrechtlich dann als ganz normaler Hund zu behandeln“, betont Fuhrmann.

Trotz ungefährlichem Wesen: 400 statt 37 Euro Steuerabgaben sind fällig

Seines Wissens nach sind im Kitzinger Stadtgebiet derzeit 17 Hunde von dieser Regelung betroffen. Dass deren Halter dennoch eine deutlich höhere Hundesteuer zu begleichen haben als die Besitzer von Schäferhunden, Labradoren oder Möpsen hält Fuhrmann für ungerecht. Statt 37 Euro im Jahr fallen nach der neuen Verordnung und der Einstufung als „Kampfhunde“ – obwohl die Tiere ja bewiesen haben, dass sie nicht gesteigert aggressiv und gefährlich sind – 400 Euro an. Der Steuersatz für „Kampfhunde“ ist von 307 Euro um fast 100 Euro erhöht worden. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von zehn Jahren fällt da eine ganz schöne Summe an.

Für Jürgen Fuhrmann ist das ein unlauteres und ungerechtes Vorgehen, wie es nicht nur der Kitzinger Stadtrat, sondern vor ihm unter anderem auch schon der Dettelbacher Stadtrat beschlossen hatte. Der Kitzinger wird seiner Arbeit als Hundesachverständiger trotzdem auch weiterhin nachgehen – und nebenbei versuchen, Aufklärungsarbeit zu leisten. Damit die Halter von Listenhunden mit einem positiven Wesenstest nicht tiefer in die Tasche greifen müssen als alle anderen Hundehalter.

  • Artikel von: Ralf Dieter
  • Veröffentlicht von: DIE KITZINGER